Das verflixte Video
Neue Serie in Space: Die Family Five stellt sich vor.
Ich schaue auf meine Uhr und seufze. Ich muss das Video für den Englischunterricht heute noch hochladen. Wir sollen darin unsere Familie vorstellen. „Ausnahmsweise bekommst du eine Fristverlängerung. Aber nur dieses eine Mal!“, hat meine Englischlehrerin Frau Zirngibl gesagt und dabei leise mit der Zunge geschnalzt.
Die Geschichte zum Anhören
Hier kannst du dir die 1. Folge der neuen Serie „Family Five“ auch anhören:
Clio/Cici
15 Jahre, Umweltschützerin mit einer Leidenschaft für Fremdwörter und den Influencer KlimaRebell
Mit einem Klick öffne ich die Kamera auf meinem Handy und richte sie auf mich. „We are a family of five. Sister number one …“, sage ich und öffne leise meine Zimmertür. Ich filme das Schild, das auf der Tür meiner älteren Schwester klebt. Cici steht darauf. „Sie heißt Clio, nach der Muse der Geschichtsschreibung. Mein Vater hat eine Schwäche für die griechische Mythologie. Leider! Sie findet ihren Namen schrecklich. Klar, welche Umweltschützerin will schon heißen wie ein Auto?“, murmle ich. Dann fällt mir ein, dass ich ja englisch sprechen müsste. Das muss ich nachvertonen.
Durch die geschlossene Tür höre ich Cicis Stimme. Sie spricht wieder mit dem Poster an ihrer Wand. Dort hängt nämlich KlimaRebell. Cici behauptet, sie bewundere ihn für seinen Klimaschutz-Einsatz. Aber ich glaube, sie schwärmt für ihn.
Gerade sagt sie: „Was? Du findest meinen Blog bahnbrechend visionär?“ Ich verdrehe die Augen. Meine Schwester hat eine Leidenschaft für Fremdwörter. Ich verstehe immer nur die Hälfte von dem, was sie sagt. So leise wie möglich öffne ich ihre Zimmertür und schiebe mein Handy durch den Türspalt. Cici steht vor dem Poster von KlimaRebell und säuselt: „Ach wirklich, KlimaRebell? Ich bin dein Vorbild? Du magst meinen Instakanal?“
Ich beiße auf meine Finger, um nicht laut loszulachen. Doch Cici hört mich trotzdem. Sie fährt herum, wirft ihre Haarbürste nach mir und brüllt: „RAUS!“
Vater Georg
Lebenskünstler, der griechische Sagen mag. Er hätte gern Ordnung, landet aber oft im Chaos.
Ich schmeiße die Tür hinter mir zu und gehe in Richtung Küche, aus der leises Scheppern dringt. Mein Vater sitzt am Küchentisch. Vor sich die Einzelteile unseres Mixers. Er hebt eine Schraube nach der anderen hoch und versucht sie wieder an ihren Platz zu bekommen. Ich zoome näher heran. Quiiiek, quiiiek! Oh nein, das Hundespielzeug!
Als mein Vater mich sieht, legt er flehend einen Finger auf seinen Mund. „Lenny, erzähl deiner Mutter nichts hiervon, okay?“
Ich nicke.
Mutter Mila
Polizistin mit einer Schwäche für gute Musik und Ordnung
In diesem Moment wird ein Schlüssel ins Haustürschloss gesteckt. Meine Mutter ist heute früh dran. Mein Vater wirft mir noch einen verschwörerischen Blick zu, dann fegt er die Überreste des Mixers in die erstbeste Küchenlade. Ich sprinte mit laufender Kamera in den Gang. Doch von meiner Mutter ist nichts zu sehen. Vorsichtig schaue ich aus dem Fenster neben der Eingangstür. Meine Mutter steht in ihrer Polizeiuniform draußen. Sie presst beide Hände an die Kopfhörer auf ihren Ohren und wackelt wild mit dem Kopf. Dabei schwingt sie ihre Hüfte und macht kleine Tanzschritte.
Iris
9 Jahre, Hobbydetektivin mit einer Vorliebe für Regenbögen und Botschaften
Etwas zwickt mich in den Oberarm. Ich fahre herum. Meine kleine Schwester Iris erscheint auf dem Handydisplay. Sie ist die einzige von uns Kindern, die ihren Namen gerne mag. Denn sie ist nach der Göttin des Regenbogens benannt. Außerdem überbrachte die antike Iris Botschaften. Das macht meine Schwester leider auch.
Als sich die Eingangstür öffnet und unsere Mutter eintritt, zeigt Iris auf mich und piepst: „Lenny hat dich gerade beim Tanzen gefilmt.“
„Petze!“, zische ich ihr zu.
Meine Mutter zieht eine Augenbraue hoch und wirft mir einen strengen Blick zu. „Du weißt doch, dass man niemanden ohne sein Wissen filmen darf.“
Entschuldigend stammle ich: „Das ist für ein Schulprojekt.“
„Das ist ja noch schlimmer. Das musst du löschen.“
Ich atme durch. „Das wird knapp mit der Abgabe. Aber ich muss es sowieso noch schneiden“, sage ich und sprinte in Richtung meines Zimmers, bevor mir meine Mutter das Handy wegnehmen kann.
Mein Vater tritt aus der Küche. „Was ist hier los?“
Leonidas/Lenny
13 Jahre, kreatives Mastermind mit einer Neigung zu Chaos und kniffligen Situationen
„Lenny!“, ruft meine Mutter.
„Versprochen, ich bearbeite es noch. Es muss ja auch der englische Text hinein.“
Die Stimme meines Vaters überschlägt sich. „Ein Video? Hast du vorhin in der Küche auch gefilmt?“ Ich nicke und schlüpfe in mein Zimmer.
„Leonidas!“
Da ist er, mein Name. Löwensohn, Nachfahre des Zeus. Das ist der Moment, in dem ich bemerke, dass das Handy immer noch aufnimmt. In der Schule denken alle, ich heiße einfach Lenny, und das soll auch so bleiben. Ich muss das Video jedenfalls noch bearbeiten.
Ich schalte die Kamera ab und überspiele den Film auf meinen PC. Dann öffne ich auf unserer Schulplattform die Klassengruppe, um mir die genaue Aufgabenstellung durchzulesen.
Meine Zimmertür geht auf und meine gesamte Familie stürmt herein.
„Keine Sorge, ich schneide das Video so, dass es für alle passt. Ok?“
Doch Cici stürzt zu meinem Schreibtisch und schnappt sich die Maus. Sie klickt auf die Datei mit dem Video und zieht sie in Richtung Papierkorb.
„Nicht!“ Ich greife nach Cicis Hand. Nun mischen sich auch meine Eltern ein. Jeder versucht die Maus zu erwischen. Nur Iris starrt wie gebannt auf den Monitor. „Ups!“
Plötzlich wird es leise in meinem Zimmer. Alle Blicke sind auf den Bildschirm gerichtet, auf dem gerade erscheint: Du hast deine Daten erfolgreich hochgeladen.
Ich seufze. „Darf ich vorstellen: Family Five, bei uns ist das Chaos Programm.“
Hörübung
Hör dir die fünf Aussagen im Hörtext an und entscheide, ob sie stimmen, nicht stimmen oder im Text oben gar nicht vorkommen. Wähle aus: